Warum ist die radioaktive Strahlung so gefährlich?

Der Kernkraftwerksunfall im japanischen Fukushima-Daiichi und das Unglück in Tschernobyl zählen – gemessen an der Menge des freigesetzten radioaktiven Materials – zu den bisher schwersten Reaktorunfällen in der Geschichte der Kernkraftwerke. Vor allem zu den Folgen von Tschernobyl gibt es unzählige Studien und Forschungsberichte – mit teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Folgen von Tschernobyl

Relativ gut erfasst ist das Ausmaß der akuten Strahlenschäden. Aus einem Bericht des wissenschaftlichen Ausschusses der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung (UNSCEAR), gehen dazu folgende Zahlen hervor:

  • Von den 600 Menschen, die zum Zeitpunkt der Explosion im Atomkraftwerk beschäftigt waren, sollen 134 einer Strahlendosis von mehr als 4000 Millisievert ausgesetzt worden sein.
  • 28 von ihnen sind innerhalb der ersten drei Monate an den Akutfolgen der Strahlenbelastung gestorben.
  • Der Rest entwickelte eine akute Strahlenkrankheit und musste über Jahre wegen Verbrennungen, Infektionen und Hauttransplantationen behandelt werden.
  • Weitere 19 starben in den darauffolgenden Jahren zwischen 1987 und 2006.

Ab hier hört die Klarheit allerdings auf. Denn über die gesundheitlichen Langzeitfolgen des Unglücks in Tschernobyl gibt es seit Jahren Kontroversen. 6848, 60.000 oder sogar 1.440.000 Opfer? Je nachdem, welche Quelle man heranzieht, finden sich dazu unterschiedliche Zahlen.

Krebs durch Strahlung

6848 Schilddrüsenkrebsfälle wurden bis 2005 bei Menschen diagnostiziert, die in den kontaminierten Regionen der Ukraine, Weißrussland und Russland gelebt haben und radioaktivem Iod ausgesetzt waren. Das berichtet die UNSCEAR im Jahr 2011. Betroffen sind Menschen, die zum Zeitpunkt des Unglücks unter 18 Jahre alt waren – denn Schilddrüsenkrebs tritt vermehrt erst ab dem Alter von 40 Jahren auf.

Inzwischen hat die UNSCEAR die Zahl auf 20.000 registrierte Schilddrüsenkrebsfälle nach oben korrigiert. Es wird vermutet, dass in Zukunft weitere Krebsfälle diagnostiziert werden, auf konkrete Zahlen wolle man sich aber nicht festlegen.

Zu allen weiteren Erkrankungen, die das Reaktorunglück ausgelöst haben könnte, hält sich die UNSCEAR bedeckt: Bei 530.000 Aufräumarbeitern gebe es zwar Hinweise auf „leicht erhöhte Raten“ an Leukämie und Augenlinsentrübungen, die durch relativ niedrige Strahlendosen verursacht werden können. Darüber hinaus habe man keine Belege für strahlenbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen gefunden. Weitgehend unerforscht sei auch die Auswirkung von Radioaktivität auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Zukünftige Opfer

Den UNSCEAR-Berichten gegenüber steht beispielsweise der TORCH-Report. Er wurde 2005 von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern veröffentlicht, die mit den Zahlen der offiziellen Organisationen (UNSCEAR, WHO, IAEA) nicht einverstanden waren. Die Kritik: Es wurde nicht über Fälle berichtet, die erst in Zukunft eintreten, und es wurden nur die Regionen in der Ukraine, Weißrussland und Russland betrachtet. Aber auch andere Länder seien mit radioaktivem Iod kontaminiert gewesen. Somit sei das volle Ausmaß des Unglücks nicht abgebildet.

Der TORCH-Report prognostizierte deshalb 30.000 bis 60.000 Krebsfälle weltweit, die ihre Ursache im Reaktorunglück von Tschernobyl finden. Alexej Jablokow von der Russischen Akademie der Wissenschaften ging sogar von noch größeren Opferzahlen durch Tschernobyl aus: 1,44 Millionen Tote weltweit.

Diese Zahlen stellte der Wissenschaftler 2011 auf dem Kongress „25 Jahre Folgen der Tschernobyl-Katastrophe“ vor. Jablokows Zahlen liegt die kontrovers diskutierte Annahme zugrunde, dass auch Niedrigstrahlung gesundheitliche Folgen haben kann. Selbst ein einzelnes radioaktives Atom könne demnach im Körper Krebs auslösen, wenn es das Erbgut verändert.

Die Folgen von Fukushima

Anders als bei Tschernobyl sind nach dem Unglück von Fukushima in Japan keine akuten Strahleneffekte in der Bevölkerung aufgetreten, berichtet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Weitere gesundheitliche Auswirkungen seien innerhalb und außerhalb Japans niedrig, schlussfolgern sowohl die Weltgesundheitsorganisation 2013 als auch die UNSCEAR 2014. So seien Depressionen und posttraumatische Stress-Syndrome die stärkste Auswirkung für die Bevölkerung. Weitere Risiken ergäben sich nur für einzelne Krebsformen und Bevölkerungsgruppen. Am ehesten sei in Japan mit zusätzlichen Schilddrüsenkrebsfällen zu rechnen.

Bei einem ersten Screening zwischen 2011 und 2014 wurden 300.000 Kinder und Jugendliche untersucht und dabei tatsächlich 110 bösartige Schilddrüsentumore gefunden. Damit ist die Rate mehrere Dutzend Mal höher als beim japanischen Durchschnitt. Bei Folgeuntersuchungen wurden bis September 2016 noch 68 weitere Schilddrüsenkrebsfälle in dieser Gruppe diagnostiziert.

Erster Strahlentoter durch Fukushima

Sieben Jahre nach dem Reaktorunglück in Fukushima wurde ein erster Todesfall bekannt gegeben. Ein Kraftwerksmitarbeiter sei an Lungenkrebs gestorben, der auf die erhöhte Strahlenbelastung während der Atomkatastrophe zurückgehe. Das berichten japanische Medien unter Berufung auf das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales. Auch die Krebserkrankungen dreier weiterer Arbeiter führt das Ministerium auf ihre Tätigkeit an dem Atomkraftwerk zurück.

Der verstorbene Lungenkrebspatient arbeitete seit 1980 für den Kraftwerksbetreiber Tepco und gehörte zu einem Team, das Strahlenmessungen vornahm. Den Aufzeichnungen über die tägliche Strahlenbelastung zufolge hatte er über sein Arbeitsleben 195 Millisievert abbekommen – das meiste davon in den Tagen der Katastrophe. Die Regeln besagen: Sobald ein Mitarbeiter innerhalb von fünf Jahren einer Dosis von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt war und an Krebs erkrankt ist, wird der Tumor als Arbeitsunfall anerkannt.

Warum tötet radioaktive Strahlung?

Durch starke Strahlung wird die Darmschleimhaut soweit geschädigt oder zerstört, dass Darmbakterien in die Blutbahn gelangen. Dadurch wird die körpereigene Immunabwehr so stark aktiviert, dass es zu schweren Entzündungsreaktionen kommt.

Warum macht radioaktive Strahlung krank?

Radioaktive Strahlung schadet dem Menschen Radioaktive Strahlung kann Körperzellen zerstören oder das Erbgut verändern. Aber nicht aus jeder Strahlenbelastung entwickeln sich zwangsläufig gesundheitliche Schäden, da unsere Zellen über Reparaturmechanismen verfügen. Wie so oft im Leben kommt es also auf die Dosis an.

Wie wirken sich radioaktive Strahlen auf den menschlichen Körper aus?

Wenn ionisierende Strahlung auf den menschlichen Körper trifft, können Schäden in einzelnen Zellen oder Geweben entstehen. Das liegt daran, dass die Strahlungsenergie chemische Verbindungen (Moleküle) auseinanderbrechen kann.

Welche Folgen hat radioaktive Strahlung für den Menschen?

Übersteigt die Strahlenbelastung ein Sievert (das 300-fache der natürlichen Strahlung im Jahr), kommt es zu Symptomen wie Hautrötungen, Haarausfall und Verbrennungen sowie zur akuten Strahlenkrankheit. Dabei wird das blutbildende System im Knochenmark geschädigt.

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