Bundespräsidentenwahl am 13. Februar 2022
Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung
Wahlverfahren
Der Bundespräsident wird – vom bisher zweimal aufgetretenen Fall der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit abgesehen – alle 5 Jahre von der Bundesversammlung, also indirekt gewählt. Die ausschließlich für die Wahl des Staatsoberhaupts der Bundesrepublik Deutschland gebildete Bundesversammlung besteht aus:
- allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages sowie
- einer grundsätzlich gleichen Zahl an Vertretern der Bundesländer, die von den Landtagen gewählt werden.
Zur Zeit hat der 20. Deutsche Bundestag 736 Mitglieder, so dass die am 13. Februar 2022 zusammentretende 17. Bundesversammlung aus maximal 1.472 Mitgliedern bestehen wird Die Zahl der Bundestagsmitglieder kann sich bis zur Bundespräsidentenwahl noch verringern, wie das bei der 12. Bundesversammlung der Fall war.
Feststellung der Mitgliederzahl der Länder
Einige Monate vor dem Zusammentritt einer Bundesversammlung – bzw. im Fall der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit entsprechend kurzfristiger – legt die Bundesregierung auf Grundlage der letzten amtlichen Zahlen der deutschen Bevölkerung fest (etwa am 2. Juni 2010 für die 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010 sowie am 21. Januar 2009 für die 13. Bundesversammlung am 23. Mai 2009), wie viele Vertreter auf jedes Bundesland entfallen. Das genaue Sitzzuteilungsverfahren ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Soweit es sich für die vergangenen Bundesversammlungen rekonstruieren lässt sowie nach Auskunft des Bundesministeriums des Innern auch für die 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010, errechnet die Bundesregierung die Verteilung nach dem Quotenverfahren mit Ausgleich nach größten Resten (Hare/Niemeyer).
Wahl der Mitglieder in den Ländern
In den darauf folgenden Monaten wählen die Landtage die entsprechende Zahl an Vertretern, die nicht Mitglieder des Landtags sein oder in dem Bundesland wohnen müssen – zur Bundesversammlung wählbar ist jeder, der das passive Wahlrecht zum Bundestag besitzt. Je nach Bundesland gibt es dazu eine gemeinsame Liste des ganzen Parlaments oder konkurrierende Listen von (einzelnen oder mehreren) Fraktionen. Rechtlich fragwürdig und umstritten ist die Praxis, gemeinsame Listen nach Fraktionen aufzugliedern, wie es zumindest hinsichtlich der Nachrücker üblich ist, damit für einen verhinderten Vertreter einer Partei immer ein Vertreter derselben Partei nachrückt (was aber dem Prinzip einer gemeinsamen Liste widerspricht). Bei konkurrierenden Listen erfolgt die Verteilung der Mandate auf die Listen entsprechend dem Abstimmungsergebnis nach dem Divisorverfahren mit Abrundung (d’Hondt). Auch gemeinsame Listen werden ggf. in der Regel auf Grundlage von d’Hondt zusammengestellt, die beteiligten Fraktionen können aber auch hiervon abweichende Vereinbarungen treffen. Da das Verfahren nach d'Hondt kleine Parteien benachteiligt, ergibt sich durch seine getrennte Anwendung in den 16 Landtagen eine Versechzehnfachung dieses Effekts. Die Stärkeverhältnisse der Fraktionen in den Landtagen werden daher letztlich erheblich verzerrt in der Bundesversammlung wiedergegeben. Weitere Abweichungen können sich durch Fraktionsaustritte bzw. -ausschlüsse ergeben. Werden die Vertreter vom Landtag aufgrund getrennter Listen gewählt, kann die Verteilung auch durch abweichendes Stimmverhalten oder der Abwesenheit einzelner Abgeordneten beeinflusst werden.
Nicht selten muss der letzte Vertreter eines Landes durch Losentscheid ermittelt werden. Dies ist beispielsweise 1999 zweimal (in Brandenburg zugunsten der CDU, in Schleswig-Holstein zugunsten der GRÜNEN), 2004 einmal (in Hessen zugunsten der CDU) sowie 2009 in Berlin zugunsten der GRÜNEN und in Niedersachsen zugunsten der SPD. Auch zur 14. Bundesversammlung 2010 musste mehrfach gelost werden.
Wahltermin der Bundespräsidentenwahl
Die so ermittelten Vertreter und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages kamen seit der Bundespräsidentenwahl 1979 bis zur Bundespräsidentenwahl 2009 traditionell am 23. Mai des jeweiligen Wahljahres (dem Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes) unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten zusammen. Seit 1994 ist der Versammlungsort das Reichstagsgebäude in Berlin. Formell bestimmt der Präsident des Bundestages gemäß Bundespräsidentenwahlgesetz Ort und Zeit des Zusammentrittes der Bundesversammlung, was in der Regel etwa ein Jahr vor dem ordentlichen Wahltermin geschieht.
Wählbarkeit des Bundespräsidenten
Zum Bundespräsidenten wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. Eine anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig, nach einer Pause sind weitere zwei Wiederwahlen möglich.
Wahlablauf in der Bundesversammlung
Vorschlagsberechtigt – auch für einen eventuell notwendigen zweiten und dritten Wahlgang – ist jedes Mitglied der Bundesversammlung. Dem schriftlichen Vorschlag ist die ebenfalls schriftliche Zustimmungserklärung des vorgeschlagenen Kandidaten beizufügen. Die Wahl des Bundespräsidenten erfolgt ohne Aussprache und geheim in bis zu drei (bzw. weiteren) Wahlgängen. In den ersten beiden Wahlgängen ist zur Wahl eine absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, im dritten oder ggf. weiteren Wahlgängen reicht die relative Mehrheit. Eine Stimmengleichheit in einem über den 2. Wahlgang hinausgehenden Wahlgang kann nicht durch ein Los entschieden werden.
Links
Wahl des Bundespräsidenten
Archiv zur 16. Bundesversammlung am 12. Februar 2017
- Zusammensetzung der 16. Bundesversammlung – Sitzverteilung nach Parteien und Ländern, Besonderheiten
- Wahlberichterstattung: Wahl des Bundespräsidenten durch die 16. Bundesversammlung
Archiv zur 15. Bundesversammlung am 18. März 2012
- Zusammensetzung der 15. Bundesversammlung – Sitzverteilung nach Parteien und Ländern, Besonderheiten
- Wahlberichterstattung: Wahl des Bundespräsidenten durch die 15. Bundesversammlung
Archiv zur 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010
- Zusammensetzung der 14. Bundesversammlung – Sitzverteilung nach Parteien und Ländern, Besonderheiten
- Wahlberichterstattung: Wahl des Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung
- Namensliste aller 1.244 Wahlmänner und -frauen der 14. Bundesversammlung 2010
- Zusammensetzung der 14. Bundesversammlung steht fest – Meldung vom 17.06.2010
- Bundesversammlung: Wie die Parteien ihre Sitze durch gemeinsame Listen vermehren können – Meldung vom 06.06.2010
Archiv zur 13. Bundesversammlung am 23. Mai 2009
- Zusammensetzung der 13. Bundesversammlung – Sitzverteilung nach Parteien und Ländern, Besonderheiten
- Wahlberichterstattung: Wahl des Bundespräsidenten durch die 13. Bundesversammlung
- Namensliste aller 1.224 Wahlmänner und -frauen der 13. Bundesversammlung 2009
- Übersicht über die Sitzverteilungen in den Landesparlamenten zum 3. April 2009
- Bayernwahl 2008: Schwan-Mehrheit nur bei Einzug der LINKEN möglich – Meldung vom 24.09.2008
- CDU verliert Überhangmandat im Bundestag und drei Sitze in Bundesversammlung – Meldung vom 25.02.2008
- Zusammensetzung der Bundesversammlung nach den Landtagswahlen – Meldung vom 28.01.2008
- Verlust der schwarz-gelben Mehrheit in der Bundesversammlung? – Meldung vom 20.01.2008
Archiv zur 12. Bundesversammlung am 23. Mai 2004
- Zusammensetzung der 12. Bundesversammlung – Sitzverteilung nach Parteien und Ländern, Besonderheiten
- Ergebnis der Wahl des Bundespräsidenten: Wahltagsreport – Meldung vom 23.05.2004
- Namensliste aller 1.205 Wahlmänner und -frauen der 12. Bundesversammlung 2004
- Zur Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung – Meldung vom 18.05.2004
- Die Sitzverteilung der Bundesversammlung steht fest – Meldung vom 01.04.2004
- Neue Zusammensetzung nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg – Meldung vom 29.02.2004
- Bundesregierung bestimmt Anzahl der Ländervertreter in der Bundesversammlung – Meldung vom 16.01.2004
- Neue Zusammensetzung der Bundesversammlung nach der Landtagswahl in Bayern – Meldung vom 22.09.2003
- Schwarz-gelbe Mehrheit in der Bundesversammlung – Meldung vom 03.02.2003
Rechtsgrundlagen
- Artikel 54 Grundgesetz – Wahl des Bundespräsidenten
- BPräsWahlG – Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung