Muss ich Minusstunden nacharbeiten bei Kündigung

Regelungen im Arbeitsrecht zur Arbeitszeit: Minusstunden sorgen hier oft für Komplikationen.

Nahezu jeder Arbeitnehmer ist mit dem Konzept der Überstundenregelung vertraut. Wird mehr Arbeit geleistet, als es im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, ist die Rede von Mehrarbeit. Verschiedene Regelungen bestimmen dabei die Ansammlung und den Abbau von Überstunden.

Auch im Arbeitsrecht vertreten sind Minusstunden, auch Minder­stunden genannt. Diese sorgen bei Arbeit­nehmern und bei Arbeitgebern immer wieder für Unsicherheiten, da die gesetz­lichen Regelungen dazu wenig transparent wirken.

Der vorliegende Ratgeber liefert einen sehr detaillierten Überblick zum Thema. Hier erfahren Sie, worin sich Minderarbeit genau definiert, welche Ursachen dieser zu Grunde liegen und was der Gesetzgeber zur Maximalanzahl der fehlenden Stunden vorgibt.

Darüber hinaus erhalten Sie in diesem Text Antworten auf Fragen wie „Wie viele Minusstunden sind zulässig?“ und „Was passiert bei Zeitarbeit, wenn kein Einsatz zu Minusstunden führt?“. Nicht zuletzt klärt der finale Teil des Ratgebers darüber auf, auf welche Weise Beschäftigte Minusstunden abbauen bzw. komplett tilgen können.

  • Kompaktwissen: Minusstunden
  • Die Definition und Funktion von Minusstunden
    • Ohne Arbeitszeitkonto keine Minusstunden
  • Ursachen für Minusstunden
    • Angeordnete Minusstunden
    • Minusstunden durch Krankheit
    • Minusstunden durch einen Feiertag
    • Minusstunden durch fehlenden Einsatz in der Zeitarbeit
  • Wie viele Minusstunden sind erlaubt?
  • Minusstunden abbauen
    • Die Verrechnung von Minusstunden bei einer Kündigung
    • Weiterführende Suchanfragen
    • Weitere interessante Ratgeber

Kompaktwissen: Minusstunden

Wobei handelt es sich um Minusstunden?

Die Rede ist von Minusstunden, wenn Sie weniger arbeiten, als im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Minusstunden stellen demzufolge das Gegenteil von Überstunden dar, bei denen mehr gearbeitet wird als vertraglich festgehalten.

Wie werden Minusstunden protokolliert?

Minusstunden müssen in einem sogenannten Arbeitszeitkonto festgehalten werden. Einem solchen müssen Sie als Arbeitnehmer in der Regel vor Beginn des Arbeitsverhältnisses zustimmen.

Sind Minusstunden durch Krank‌heit rechtens?

Nein, Beschäftigten dürfen keine Minusstunden entstehen, wenn sie unverschuldet krank werden und nicht arbeiten können.

Die Definition und Funktion von Minusstunden

Ganz einfach ausgedrückt wird mit dem Begriff der Minderarbeit die Zeit beschrieben, in welcher der Arbeitnehmer entgegen der arbeitsvertraglichen Bestimmungen nicht gearbeitet hat. Dabei handelt es sich um das direkte Gegenstück zur Mehrarbeit, besser bekannt als Überstunden. Mitarbeiter eines Unternehmens freuen sich jedoch auch über Minusstunden eher selten. Schließlich können diese über kurz oder lang zu Gehaltskürzungen führen.

Kommen Fragen zu Minusstunden, deren Ansammlung, Abbau und den daraus resultierenden Abzügen auf, sollten Beschäftigte immer zuerst ihren Anstellungsvertrag überprüfen. Sind darin keine zutreffenden Klauseln verzeichnet, finden womöglich tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen Anwendung. Auch diese gilt es genau zu prüfen. Besteht ein gutes Verhältnis zum Arbeitgeber bzw. dem Vorgesetzten, kann dieser auch immer direkt nach geltenden Bestimmungen gefragt werden.

Zwar können Minusstunden wie auch Überstunden in jedem Job anfallen. Der klare Unterschied ist jedoch, dass erstere nicht in jedem Fall angerechnet und somit beispielsweise dem betreffenden Mitarbeiter vom Lohn abgezogen werden dürfen. Neben bestimmten gesetzlichen Vorgaben, die es zu erfüllen gilt, muss dafür in jedem Fall ein Arbeitszeitkonto vorhanden sein. Was es damit auf sich hat, klärt der folgende Teil des Ratgebers.

Ohne Arbeitszeitkonto keine Minusstunden

Minusstunden vom Gehalt abziehen: Das ist nicht immer rechtens.

Für ein Arbeitszeitkonto stehen vor allem Arbeitgeber immer wieder ein. Das kann verschiedene Gründe haben. Solche Konten sorgen dafür, dass Mitarbeiter sich die Arbeitszeiten flexibel einteilen können. Sie ermöglichen aber auch bei saisonal bedingter, unterschiedlicher Arbeitsauslastung einen besseren Überblick über die tatsächlich geleistete Arbeit. Die Nutzung solcher Zeitregister ist aber an genaue Bedingungen geknüpft:

  • Es muss im Arbeitsvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag ein Eintrag dazu vorhanden sein.
  • Die ergänzende Klausel darf sich nicht nur auf die Berechtigung der Führung des Zeitkontos beschränken. Es muss klar zwischen Kurzzeitkonten und Langzeitkonten unterschieden werden.
  • Klare Grenzen sind festzulegen, welche angeben, wie weit Abweichungen von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit stattfinden dürfen, also auch wie viel Mehr- bzw. Minderarbeit angerechnet wird.
  • Es sollten zudem Ausgleichsregelungen feststehen, welche die Art und die Dauer der Verrechnung von Über- und Minusstunden klären.

Ein Kurzzeitkonto charakterisiert sich dadurch, dass der Ausgleichszeitraum weniger als ein Jahr beträgt. Das bedeutet, dass die Verrechnungen der Stunden, die zu viel oder zu wenig vorhanden sind, innerhalb eines Jahres stattgefunden haben muss. Dagegen werden Langzeitkonten für langfristige Stundensammlungen genutzt und können an besondere Zielsetzungen gekoppelt sein, beispielsweise an den Abschied in den frühzeitigen Ruhestand.

Der Gesetzgeber hat die oben genannten Bedingungen aufgestellt, um zu verhindern, dass ein Arbeitszeitkonto einem Arbeitnehmer zu Unrecht zur Last fällt. Denn die damit zusammen­hängenden Regelungen sind oft kompliziert und für Uninformierte deshalb für gewöhnlich nur schwer fassbar. In jedem Fall müssen Arbeitnehmer einem Arbeitszeitkonto zustimmen, wodurch Sie auch eine mögliche Verrechnung von Minderarbeit in Kauf nehmen.

Vertraglich klar definierte Klauseln sorgen hier dafür, dass es nicht so schnell zu Verständnisproblemen kommt, auch nicht, wenn es um die Ansammlung oder den Abbau von Minusstunden geht. Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass die fehlenden Arbeitsstunden auftreten? Im nächsten Abschnitt werden mögliche Ursachen dafür genauer unter die Lupe genommen.

Ursachen für Minusstunden

Es lohnt sich, über die verschiedenen Gründe, welche zu Minusstunden führen, informiert zu sein. Denn kennen betroffene Arbeitnehmer die Ursachen, können sie im Ernstfall auch richtig auf die Konsequenzen reagieren. Hinter dieser Anmerkung steckt der Gedanke, dass die Anrechnung von Minusstunden nicht immer nach geltendem Recht verläuft. Deshalb sollten sozialversicherungspflichtig Tätige, die das Gefühl haben, zu Unrecht Minderarbeit angerechnet zu bekommen, auch immer Hilfe bei einem Anwalt für Arbeitsrecht suchen. Es folgt eine Übersicht zu Ereignissen, welche zu Minusstunden führen können.

Angeordnete Minusstunden

Aufgezwungene Minusstunden dürfen dem Arbeitnehmer nicht zum Nachteil gereicht werden.

Es kommt durchaus vor, dass Minusstun­den durch den Arbeitgeber selbst verursacht werden. In diesem Fall haben sich die Beschäftigten nichts zu Schulden kommen lassen.

Es kommt hier nur zur Minderarbeit, weil der Vorgesetzte nicht genug Arbeit angeordnet hat. Hier greift § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welcher die „Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko“ regelt. Darin steht:

„Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.“

Treten Minusstunden auf, weil nicht genug Arbeit zugewiesen wurde, trägt der Arbeitgeber das Wirtschaftsrisiko und steht im sogenannten Annahmeverzug. Das bedeutet, es ist ihm allein zuzurechnen, dass es zur Minderarbeit gekommen ist. Entsprechend dürfen auch keine fehlenden Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto vermerkt und dadurch auch nicht zu Lasten des Arbeitnehmers verrechnet werden.

Denn dieser wollte ja arbeiten, durfte wegen fehlender Aufgaben aber nach Hause gehen. Kommt es wegen zu wenig Arbeit zu Minusstunden, sorgt das im Arbeitsrecht immer wieder für Streitigkeiten. Reagieren Unternehmensführer bei der Reduzierung des Beschäftigungs­umfangs mit Gehaltskürzungen, sollten Betroffene aber niemals untätig bleiben. Lässt sich der Chef nicht durch klare Argumente umstimmen, ist es ratsam, den Betriebsrat zu kontaktieren oder sich direkt juristische Hilfe zu suchen.

Minusstunden durch Krankheit

Arbeitnehmerschutz im BGB: § 615 erklärt angeordnete Minusstunden als Wirtschaftsrisiko der Arbeitgeber.

Es kommt im Arbeitsrecht immer wieder vor, dass Mitarbeiter, die eine Zeit lang krank waren, Minusstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto vermerkt bekommen, obwohl sie sich ordnungsgemäß krankgemeldet haben. Entsprechend groß ist dann die unerfreuliche Überraschung, die am Monatsende beim Blick auf die Gehaltsabrechnung entsteht. Dabei stellen sich Betroffene oft die Frage: „Muss ich solche Minusstunden nacharbeiten oder entsprechende Lohnabzüge in Kauf nehmen?“

Grundsätzlich dürfen Beschäftigte keinen Nachteil erfahren, wenn Sie unverschuldet krank werden und sich ordnungsgemäß im Betrieb krankmelden.

Wird ein Mitarbeiter im Unternehmen krank, geht unverzüglich zum Arzt und legt beim Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, greift in jedem Fall das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Dieses sorgt dafür, dass auch im Krankheitsfall oder nach einem Arbeitsunfall die finanzielle Sicherheit bestehen bleibt. So steht in § 3 Absatz 1 EntgFG:

„Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.“

Kommt es also zur Lohnfortzahlung, wird der Arbeitgeber zunächst weiterhin so bezahlt, als würde er die volle Arbeitsleistung erbringen. Daraus folgt, dass in diesem Fall niemals Minderarbeit entsteht. Und doch kommt es immer wieder dazu, dass Vorgesetzte in diesem Sinne handeln und die Untergebenen darunter leiden. Solche falschen Eintragungen im Arbeitszeitkonto entstehen jedoch generell nicht aus Bösartigkeit.

Vielmehr liegt die Schuld oft bei unklaren Regelungen in Tarifverträgen und sonstigen vertraglichen Vereinbarungen. Vorgesetzte, die Minusstunden eintragen, tun dies mit der Überzeugung, dass es den vorhandenen Vertragsklauseln entspricht. Aber wie gesagt: In diesem Fall wird hier das Recht von Arbeitnehmern verletzt. Das folgende Video liefert einen leicht verständlichen Überblick zu diesem Aspekt:

Stellen sich Unternehmer quer, wenn sie auf diesen Fehler angesprochen werden, hilft nur noch der Gang zum Rechtsanwalt und vor das Arbeitsgericht. Mit juristischer Hilfe stehen die Chancen nicht schlecht, dass sozialversicherungspflichtig Tätige, denen zu Unrecht der Lohn gekürzt wurde, Recht bekommen.

Minusstunden durch einen Feiertag

Grundsätzlich tragen Feiertage zur Freude jedes Arbeitsnehmers bei. Schließlich sorgen sie in den meisten Fällen für freie Tage, die nicht vom kostbaren Urlaubspensum abgezogen werden. Doch auch die in Deutschland je nach Bundesland festgelegten freien Tage haben schon einmal unerwartet Minusstunden zur Folge. Ähnlich wie bei der Minderarbeit wegen Krankheit stellt sich hier die Frage: „Sind Vorgesetzte im Recht, wenn sie bei Feiertagen fehlende Arbeitsstunden anrechnen?“

Finden Sie sich in einer solchen Situation wieder und wissen nicht weiter, sollten Sie sich am besten direkt an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Bei Feiertagen kann sich die Rechtslage nämlich teilweise etwas komplexer gestalten als beim ordnungsgemäß gemeldeten Krankheitsfall.

Grundsätzlich gilt aber auch hier: Ein gesetzlicher Feiertag darf keine Minusstunden zur Folge haben. Das beruht unter anderem auf § 2 EntgFG, welcher in diesem Fall die Lohn- bzw. Gehaltszahlung vorschreibt, die auch ohne vorhandene Feiertage Bestand gehabt hätte. Folglich wird bei einer 5-tägigen 40-Stunden-Woche ein Feiertag wie ein normaler 8-Stunden-Arbeitstag gewertet.

Klärung durch das Bundesarbeitsgericht: Fragen zu Minusstunden wurden teilweise schon in höchstrichterlicher Instanz geklärt.

Etwas anders sieht es nur dann aus, wenn ein freier Tag innerhalb der Arbeitswoche nicht primär durch einen Feiertag sondern durch einen Freizeitausgleich zustande kommt.

Ein Beispiel zur Erklärung: Arbeitet ein Beschäftigter in einer Apotheke auch am Wochenende, hat er einen Anspruch auf entsprechende freie Tage innerhalb der Woche. Diese fungieren als Ausgleich für die Wochenendarbeit.

Fällt der freie Ausgleichstag mit einem gesetzlichen Feiertag zusammen, stehen Minusstunden nicht zur Debatte. Wie bereits gesagt, dürfen diese nicht berechnet werden, wenn Feiertage eine Rolle spielen. In diesem Fall kommen aber auch keine Über- bzw. Plusstunden zustande. Das bedeutet: Nur weil der Festtag mit dem Ausgleichstag „kollidiert“, besteht kein Anspruch darauf, einen zusätzlichen Ausgleich in Form eines freien Tages zu erhalten.

Minusstunden durch fehlenden Einsatz in der Zeitarbeit

Die Lage bei Zeit- bzw. Leiharbeit war lange Zeit etwas kompliziert, obwohl die herrschende Rechtsprechung eine klare Sprache sprach. Mehrere Instanzgerichte wie das Landesarbeits­gericht Hessen (Az. 15 Sa 766/14) und das Bundesarbeitsgericht (Az. 5 AZR 483/12) hatten dahingehend schon geurteilt. Trotzdem kam es immer wieder zu Diskussionen darüber, ob Personaldienstleister Zeiten ohne Arbeitseinsatz mit Minderarbeit gleichsetzen dürfen.

Im April 2016 hat das Landesarbeitsgericht Hessen (Az. 9 Sa 1287/15) schließlich im Sinne des betreffenden Zeitarbeitnehmers entschieden. Folglich mussten die ihm abgezogenen Stunden wieder gutgeschrieben werden. Ein grundlegendes Argument dabei war, dass der vorhandene Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber nicht das Recht zum Stundenabzug ermöglicht. Darüber hinaus gelten verleihfreie Zeiten allgemeinhin nicht als Minusstunden, welche einen individuellen Charakter haben. Diese können bei Leiharbeitern nur dann entstehen, wenn sie in den jeweiligen Leihfirmen weniger leisten, als im Vorhinein vertraglich festgelegt wurde.

Das geltende Recht richtet sich hier also unter anderem nach den Befugnissen, welche durch den jeweiligen Arbeits- oder Tarifvertrag vergeben werden. Doch selbst wenn entsprechende Eintragungen bestehen, sind diese nach § 11 Absatz 4 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht zulässig. Darin ist festgeschrieben, dass auch Leiharbeitnehmer Anrecht auf den Annahmeverzug des Verleihers nach § 615 BGB besitzen und keine vertragliche Bestimmungen diesen Anspruch widerlegen dürfen.

Arbeitnehmergesetze wie das Arbeitszeitgesetz regeln Minusstunden und die Verrechnung dieser.

Leiharbeitgeber tragen dem Urteil zu Folge also selbst das wirtschaftliche Risiko der Nichtbeschäftigung. Die Vertreter der Leiharbeitsfirma legten zunächst Revision zum Bundesarbeitsgericht ein, zogen diese jedoch anschließend zurück. So bleibt bis heute eine höchstrichterliche Entscheidung des BAG zur Thematik aus. Doch auch die Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hessen trägt schon einiges Gewicht und schafft eine Situation, mit der Leiharbeitnehmer erst einmal zufrieden sein können.

Wie viele Minusstunden sind erlaubt?

In einigen Branchen kommt es teilweise dazu, dass sich recht viele Minderstunden ansammeln. Entsprechend fragen sich Betroffene dann: „Wie viele Minusstunden darf man als Beschäftigter haben?“ Grundsätzlich sind dabei wieder die arbeitsvertraglichen Klauseln zum Arbeitszeitkonto und der Maximalanzahl an Über- und Minderstunden zu betrachten. Die Frage „Wie viele Minusstunden sind zumutbar“ lässt sich also nicht pauschal beantworten.

Hier gilt es, im Einzelfall eine Antwort zu finden. Bestehen jedoch keine genauen Klauseln im Arbeits- oder Tarifvertrag, liegt es nahe, dass eine Abrechnung von Minusstunden nicht rechtens ist. Betroffene Arbeitnehmer sollten bei ihren Vorgesetzten oder bei der Personal­leitung um eine vertragliche Konkretisierung bitten. Wird die Nachfrage ignoriert, sollte Unterstützung beim Betriebsrat oder beim Anwalt für Arbeitsrecht ersucht werden. Außerdem ist zu beachten, dass es kein einzelnes Arbeitnehmergesetz gibt, welches Minusstunden regelt. Viele Gesetze regeln gemeinsam diesen Aspekt im Arbeitsrecht, darunter sind unter anderem:

  • Das Arbeitszeitgesetz (ArbGZ)
  • Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)
  • Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
  • Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

Die Tatsache, dass sich Regelungen zur Minderarbeit über viele Gesetzessammlungen erstrecken und teilweise erst durch richterliche Entscheidungen konkretisiert werden, erschwert das Verständnis innerhalb der Themenbereichs sehr. So ist es nicht verwunderlich, dass Laien sich fragen, ob alles mit rechten Dingen zugeht, wenn plötzlich geplante Minusstunden im Dienstplan auftauchen oder Sie weniger Lohn bekommen.

Minusstunden müssen bei Vertragsende verrechnet werden. Auch hier richtet es sich danach, wer diese zu verantworten hat.

Vielen ist zudem nicht bewusst, dass Minusstunden als eine Art vorzeitige Gehaltszahlung angesehen werden. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2011 hervor (Az. 5 AZR 819/09). Entsprechend verursacht Minderarbeit ein sogenanntes Negativsaldo, welches der Arbeitgeber zu seinen eigenen Gunsten ausgleichen darf. Das ist aber auch nur dann der Fall, wenn, wie bereits gesagt, alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind und ein Arbeitszeitkonto besteht.

Ist dies nicht der Fall, spielt es keine Rolle, wie viele Minusstunden angeblich angesammelt wurden – diese sind nicht wirksam. Dem Beschäftigten steht in diesem Fall eine normale Bezahlung zu und er muss keine Arbeitszeit nacharbeiten. Geht es um die Korrektur von falschen Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto, ist auch eine weitere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts interessant, wonach der Zahlungsanspruch eines Beschäftigten nicht durch gültige Ausschlussfristen im Arbeits- oder Tarifvertrag verfallen kann.

Minusstunden abbauen

Haben sich Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto angesammelt, gilt es zunächst zu prüfen, ob diese dort zu Recht eingetragen wurden. Beschäftigte sollten sich dabei folgende Fragen stellen:

  1. Habe ich dem Arbeitszeitkonto zugestimmt?
  2. Sind im Arbeits- bzw. im Tarifvertrag Klauseln vorhanden, welche die Maximalanzahl und den Abbau der Minderstunden klären?
  3. Kann ich nachvollziehen, warum mir Fehlstunden für Tag X und Tag Y angerechnet werden?
  4. Muss ich die Minusstunden wirklich machen oder sollte ich mich wehren?

Lautet die Antwort auf die ersten drei Fragen „Nein“, sollten Arbeitnehmer anwaltliche Hilfe in Erwägung ziehen, zumindest dann, wenn der Arbeitgeber sich querstellt. Hat jedoch alles seine Richtigkeit und die Fehlstunden wurden korrekterweise angerechnet, gilt es, diese abzubauen.

Der klassische Weg: Nutzen Sie Mehrarbeit, um das Zeitkonto wieder auszugleichen. Dabei ist auch der festgelegte Ausgleichszeitraum zu beachten, bis zu dessen Ende die Stunden geleistet werden müssen. Andernfalls sind Gehaltskürzungen nicht undenkbar.

Doch nicht immer bekommen Mitarbeiter eines Unternehmens die Chance, aus freien Stücken und mithilfe flexibler Arbeitszeiten einen Stundenausgleich herbeizuführen. Teilweise übernehmen Vorgesetzte auch selbst die Entscheidung und wählen fragwürdige Verrechnungswege. So kommt es vor, dass vorhandene Minderstunden vom vertraglich zugesicherten Urlaubsanspruch abgezogen werden. Dieses Vorgehen ist so jedoch nicht rechtens.

Denn eine Voraussetzung für die legitime Urlaubsgewährung in einem Unternehmen ist es, dass der Vorgesetzte den Urlaub deutlich anordnet.

Minusstunden dürfen einem Azubi nicht auferlegt werden, nur weil temporär eine niedrige Auftragslage herrscht.

Das heißt: Bevor es zu zur Nutzung der Urlaubszeit kommen kann, muss geklärt sein, ob der Vorgesetzte damit einverstanden ist bzw. er einfach keinen Wert auf die Arbeitsleistung an den jeweiligen Tagen legt. So urteilte das Bundesarbeitsgericht in einem Fall von 1998 (Az. 9 AZR 43/97). Diese Grundvoraussetzung ist nicht gegeben, wenn Arbeitgeber auf die Idee kommen, Minusstunden mit dem Urlaub zu verrechnen.

Die Kürzung der Urlaubstage ist schon allein deshalb problematisch, weil es sich dabei um einen vertraglichen Anspruch auf Erholung handelt, der nicht verändert werden darf. Kommt es diesbezüglich zu Problemen, ist es ebenfalls ratsam, einem Anwalt für Arbeitsrecht die Klärung der Angelegenheit zu überlassen.

Die Verrechnung von Minusstunden bei einer Kündigung

Ab und zu kommt es im Arbeitsrecht auch zu Fällen, bei denen Minusstunden bei der Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses Probleme bereiten, beispielsweise bei einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag. So kann es schnell geschehen, dass bei einem Arbeitszeitmodell wie der Gleitzeit Minusstunden aufkommen, die beim Ende der gemeinsamen Zusammenarbeit noch nicht abgearbeitet wurden. Oft sehen es Unternehmer dann als gerechtfertigt an, die fehlenden Arbeitszeiten vom finalen Lohn abzuziehen. Doch ist das immer rechtens?

Hier gelten dieselben Voraussetzungen, welche Minderarbeit auch in anderen Situationen regeln. Das heißt, § 615 BGB ist weiterhin zu beachten: Hat der Arbeitgeber die Minusstunden selbst verschuldet, weil er dem Arbeitnehmer nicht genug Aufgaben bereitgestellt hat, befindet sich ersterer auch hier im Annahmeverzug und trägt die Verantwortung für die fehlenden Stunden selbst. Der finale Lohn darf nur entsprechend gekürzt werden, wenn der Beschäftigte selbst Schuld hat.

Oft kommt hier auch die Frage auf: „Gibt es Minusstunden, die verfallen, wenn genug Zeit vergeht?“ Ein Verfallsdatum in diesem Sinne gibt es nicht. In Bezug auf das Arbeitszeitkonto gilt bei Minusstunden der Ausgleichszeitraum, der vertraglich festgelegt ist. Ist die fehlende Arbeitszeit am Ende dieser Zeitspanne nicht ausgeglichen, kommt es zu Lohnabzügen, wenn die Schuld beim Beschäftigten liegt.

Auch im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind Minusstunden nicht anders geregelt, wenn es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht. Der Ausgleichszeitraum liegt hier bei sechs Monaten. Bei fristgerechten Kündigungen kann es deshalb dazu kommen, dass der verantwortliche Vorgesetzte den Mitarbeiter dazu auffordert, vorhandene Minusstunden aus dem letzten halben Jahr innerhalb der Kündigungsfrist abzuarbeiten. Eine Verrechnung mit einem möglichen Resturlaub ist aber auch hier ausgeschlossen.

Wichtig für Auszubildende: Die in diesem Ratgeber angeführten Regelungen gelten so auch für Azubis. Werden diese zwischenzeitlich früher nach Hause geschickt, müssen Sie nicht für die dadurch entstandenen Minusstunden bzw. für die niedrige Auftragslage aufkommen. Denn ein Azubi soll im Betrieb ausgebildet werden. Darf er frühzeitig gehen, zählt das als bezahlte Freistellung.

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Was passiert mit meinen minusstunden wenn ich kündige?

Bei einer fristgerechten Kündigung und bei einem Aufhebungsvertrag muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, die Minusstunden auszugleichen. Liegen bei Ende des Arbeitsvertrags Minusstunden vor und der Lohn wurde bereits ausgezahlt, handelt es sich um einen Lohnvorschuss.

Was passiert mit meinen minusstunden?

Minusstunden können und sollten auch nachgearbeitet werden, da sie sonst vom Lohn abgezogen werden. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit seine angesammelten Minusstunden in Form von Überstunden und Mehrarbeit abzubauen, indem er beispielsweise früher anfängt zu arbeiten oder seinen Feierabend in die Länge zieht.

Kann der Arbeitgeber minusstunden?

Arbeitgeber dürfen Minusstunden vom Lohn abziehen Das ist der Fall, wenn er: mehr Minusstunden angesammelt hat als im Vertrag erlaubt. die Minusstunden innerhalb des Ausgleichzeitraums nicht nachgearbeitet hat. weniger gearbeitet hat als vertraglich vorgesehen.

Kann ich minusstunden ablehnen?

Entscheidend ist, was im Arbeits- oder Tarifvertrag steht. Gibt es darin keine entsprechenden Vorgaben, sind Minusstunden streng genommen gar nicht möglich. Dann verstoßen Sie schlichtweg gegen Ihre vertraglichen Pflichten, wenn Sie weniger als die vereinbarte Wochenarbeitszeit ableisten.

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