Einziehung stpo wer ist gläubiger

Ordnet ein Strafrichter an, die Beute oder einen entsprechenden Wertersatz dafür einzuziehen, ist das nur die Titulierung einer Forderung. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Insolvenzforderung schon in dem Augenblick entsteht, in dem der Schuldner die Beute erlangt. Damit verdränge auch bei der Einziehung das Insolvenzverfahren die Einzelzwangsvollstreckung, so dass das klagende Bundesland beim Versuch, als strafrechtliche Nebenfolge den Wertersatz für die Beute aus einer Straftat einzuziehen, weitgehend leer ausgeht.

Wegen Bankrotts verurteilt

Ein Mann erhielt noch vor Insolvenzeröffnung über sein zahlungsunfähiges Unternehmen knapp 46.000 Euro auf das Firmenkonto, die er zur Tilgung eines Privatdarlehens verwendete. Im Dezember 2017 wurde er wegen Bankrotts nach § 283 StGB verurteilt, wobei der Strafrichter die Einziehung eines Wertersatzes für das zur Darlehenstilgung verwendete Geld anordnete. Noch vor Rechtskraft des Strafurteils hatte das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Das Land leitete die Zwangsvollstreckung ein und beauftragte den Gerichtsvollzieher, das Geld einzutreiben. Dieser weigerte sich, weil das Insolvenzverfahren eine Einzelvollstreckung verbiete. Nachdem alle Vorinstanzen, unter anderem das Landgericht Ravensburg, dem Gerichtsvollzieher beigepflichtet hatten, wendete sich das Land Baden-Württemberg an den Bundesgerichtshof - mit nur marginalem Erfolg.

Gerichtsvollzieher darf nicht vollstrecken

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf ein einzelner Gläubiger dem BGH zufolge nach § 89 Abs. 1 InsO nicht mehr in das Vermögen des Schuldners vollstrecken. Das betreffe nach § 38 InsO alle Forderungen, die vor dem Eröffnungsbeschluss entstanden seien - mithin auch die Einziehungsforderung. Diese ist nämlich laut dem IX. Zivilsenat nicht erst mit der Rechtskraft des Strafurteils entstanden, sondern bereits zu dem Zeitpunkt, an dem der Schuldner das Geld aus seiner Tat erlangt hat. Als strafrechtliche Nebenfolge gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB müsse die Einziehung unabhängig vom Insolvenzverfahren ausgesprochen werden. Mit der konkreten Anordnung des Strafrichters werde der Anspruch lediglich noch tituliert. Auch § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO bezeichne diese Forderung ausdrücklich als nachrangig, so die Karlsruher Richter.

Entzug des gesetzlichen Richters

Der BGH hat die angefochtene Entscheidung dennoch aufgehoben und zurückverwiesen: Sie wurde von einem Einzelrichter erlassen, der die Rechtsbeschwerde zuließ, weil er der Sache eine grundsätzliche Bedeutung beimaß (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Liegt eine solche Bedeutung vor, bestimmt § 568 S. 2 ZPO, dass der gesamte Spruchkörper den Beschluss erlassen muss, so der Bundesgerichtshof. Es habe also ein falscher Richter - wenn auch voraussichtlich sachlich richtig - entschieden.

zu BGH, Beschluss vom 18.02.2021 - IX ZB 6/20

Redaktion beck-aktuell, 18. Mrz 2021.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

BGH, Maßgeblicher Zeitpunkt für die Einordnung von Sozialversicherungsbeiträgen als Insolvenzforderung, NZI 2011, 953.

BGH, Einziehungsanordnung gegen den als Organ handelnden Täter – Vermögensabschöpfung, NZI 2019, 305.

BGH, Verfassungsmäßigkeit der Einziehung von Wertersatz nach neuem Recht, NStZ-RR 2018, 241.

Was passiert nach Einziehung?

Mit der Maßnahme der Einziehung von Taterträgen wird sichergestellt, dass die Vermögenswerte, die der Täter aus einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit erlangt hat, diesem wieder entzogen werden. Eigentümer der entzogenen Gegenstände oder Rechte wird zunächst der Staat.

Was ist eine Wertersatzeinziehung?

Einziehung von Wertersatz bedeutet, dass der Staat gegen den Verurteil- ten einen Anspruch auf Zahlung des gerichtlich ange- ordneten Wertersatzbetrages erwirbt und diesen gegen den Verurteilten vollstreckt (§§ 73c StGB, 459g Abs. 2 StPO).

Wie funktioniert die vermögensabschöpfung?

Bei der Vermögensabschöpfung im strafrechtlichen Sinne geht es um die Vollstreckung einer Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die durch eine Straftat erlangten Vermögensvorteile zu entziehen.

Was bedeutet Einzelzwangsvollstreckung?

Arten der Zwangsvollstreckung Einzelzwangsvollstreckung bezieht sich nämlich lediglich auf einzelne bewegliche oder unbewegliche Sachen bzw. auf etwaige Forderungen; Gesamtvollstreckung hingegen ist auf das gesamte Vermögen des Betroffenen gerichtet.

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