Deutschland war beim esc noch schlechter

Panorama Letzter Platz

Warum schneidet Deutschland beim ESC immer so mies ab?

Veröffentlicht am 17.05.2016 | Lesedauer: 4 Minuten

Ann Sophie verlor 2015, Jamie-Lee (rechts) in diesem Jahr, und Ralph Siegel hat natürlich auch eine Meinung zum Eurovision Song Contest (ESC)

Quelle: pa/ dpa (2); AFP

Nach der Niederlage beim Eurovision Song Contest rätseln die Experten, warum Deutschland so schlecht abgeschnitten hat. Lag es an Jamie-Lees Manga-Outfit? Fehlt uns gar der Mut zur Muttersprache?

Es war wieder mal ein Desaster: Deutschland auf dem letzten Platz! Schon im letzten Jahr waren wir beim Eurovision Song Contest (ESC) die absoluten Loser. In diesem Jahr hatten gerade mal drei der 42 abstimmungsberechtigten Länder für den deutschen Beitrag läppische elf Punkte übrig.

Die 18-jährige Jamie-Lee Kriewitz aus Niedersachsen schnitt mit ihrem Lied „Ghost“ sogar noch schlechter ab als Ann Sophie, die 2015 für Deutschland angetreten war.

Diese hatte nach dem alten Punktesystem im vergangenen Jahr zwar null Punkte bekommen – nach dem neuen System wären es bei ihr aber immerhin 29 Punkte vom Publikum gewesen.

Ein Manga-Mädchen für Deutschland ist komisch

Mag uns keiner? Können wir Deutschen nicht singen?

Seit der erschütternden Niederlage am Wochenende rätseln die Experten. Der in der ARD für den ESC verantwortliche Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber suchte den Grund in Jamie-Lees Outfit.

Sie war als japanische Manga-Comic-Figur auf die Bühne des europäischen Gesangswettbewerbs gegangen. „International und beim Publikum in allen Altersschichten ist es offenbar eher auf Unverständnis gestoßen“, so Schreiber, „dass ein Manga-Mädchen aus Deutschland antritt.“

So sieht eine Siegerin aus: Jamala singt „1944“ – ein Lied über ihre Urgroßmutter, die als Krimtatarin von Stalin deportiert wurde

Quelle: dpa

Auch ARD-Kommentator Peter Urban mokierte sich über den asiatischen Style: Die Menschen hätten wohl nur gedacht, „die sieht ja komisch aus“.

Brauchen wir mehr Mut zur nationalen Identität? Die Gesellschaft für deutsche Sprache plädiert zumindest für mehr Mut zur Muttersprache und macht sich für ein deutschsprachiges Lied beim nächsten Musikwettbewerb stark.

Die „Möglichkeiten, die unsere Sprache offeriert“

Seit Jahren spiegele der ESC immer weniger die kulturelle und sprachliche Vielfalt Europas, erklärte Geschäftsführerin Andrea Ewels am Dienstag in Wiesbaden. „Dabei beweisen doch Musiker wie Andreas Bourani, Clueso, Herbert Grönemeyer, Tocotronic und viele andere, welche musikalischen Möglichkeiten unsere Sprache offeriert.“ Englischsprachige Beiträge aus Deutschland seien dagegen nicht zwingend ein Erfolgsgarant beim Eurovision Song Contest.

Bourani wird von der Gesellschaft für deutsche Sprache für seine deutschsprachigen Lieder am 28. Mai mit dem Medienpreis für Sprachkultur ausgezeichnet.

Nach ihrem Sieg beim European Song Contest ist die ukrainische Sängerin Jamala von Staatschef Petro Poroschenko mit dem Titel „Volkskünstlerin der Ukraine“ geehrt worden. „Man kann sagen, dass du einen großen Beitrag dafür geleistet hast, dass die Frage der Krim erneut auf den ersten Zeitungsseiten auftauchte“, sagte Poroschenko am Montagabend gemäß einer Pressemitteilung. Die Schwarzmeerhalbinsel Krim war 2014 handstreichartig von Russland besetzt und annektiert worden.

„Wir haben in letzter Zeit so gelitten, dass ich den ukrainischen Menschen irgendeine Freude bringen wollte“, sagte die Krimtatarin, die mit bürgerlichem Namen Susana Dschamaladinowa heißt. Sie hatte am Samstag in Stockholm in Schweden mit dem Lied „1944“ den europäischen Gesangswettbewerb gewonnen. Der Text war bereits im Vorfeld von Vertretern Moskaus als politisch kritisiert worden. Er handelt von der Zwangsumsiedlung der krimtatarischen Minderheit unter Sowjetdiktator Stalin nach Zentralasien.

Ralph Siegel kritisiert Wahl eines „Castingmädchens“

ESC-Altmeister Ralph Siegel äußerte sich in „Focus Online“ zum Auswahlverfahren und brachte die Idee ins Spiel, eine zweite internationale Jury einzusetzen. Fanklubs oder Follower im Internet entschieden jetzt nach persönlichem Geschmack und „nicht im Hinblick auf den europäischen Geschmack und somit den harten ESC“. In diesem Jahr sei die Wahl so „auf ein Castingmädchen“ gefallen, „das einfach leicht überfordert war“.

Jamala wird in Kiew von Journalisten in Empfang genommen

Quelle: dpa

Ann Sophie, die deutsche Interpretin vom vergangenen Jahr, meldete sich auf Facebook zu Wort. Das Ergebnis fühle sich „irgendwie gut an“. Es sei „schade“, zeige aber, „dass es damals nicht an mir lag. Und es liegt dieses Jahr auch nicht an Jamie-Lee.“ Ann Sophie könne jetzt mit der schmerzlichen Erfahrung abschließen.

Seit der deutsche Vorentscheid zum ESC vom NDR betreut werde, „wirkten die letzten deutschen Beiträge doch irgendwie mühelos und ohne Feingefühl für das Event.“ Dabei übt sie auch Kritik an ihrem eigenen Beitrag. „Was hat ‚Black Smoke‘ oder ‚Ghost of You‘ mit einer bewegenden, gesellschaftsansprechenden Geschichte zu tun?“, fragt sie.

Sie wünsche sich für Deutschland, „dass der NDR & Universal den nächsten ESC mit mehr Mühe und Verständnis angehen und eine Performance auf die Beine stellen mit einem Song, der die ESC-Welt berührt.“

Warum Deutschland im ESC immer so schlecht ab?

Erstens: Deutschland muss nicht durchs Halbfinale Deswegen ist der deutsche Teilnehmer automatisch für das Finale gesetzt, muss sich nicht zuvor bereits im Halbfinale bewähren. Das verleitet seit Jahr und Tag beim verantwortlichen NDR zur Schluffigkeit bei der Vorauswahl.

Wie hat Deutschland die letzten Jahre beim ESC abgeschnitten?

Letzten Endes hat dies allerdings nichts genützt - Deutschland landete im Gesamtranking wieder einmal auf dem letzten Platz. Wie die Statista-Grafik zeigt, ist das schlechte Abschneiden beim Eurovision Song Contest beinahe schon deutsche Tradition. Auch die Beiträge aus den Jahren 2021 und 2019 belegten den 25. Platz.

Wie hat Deutschland beim ESC 2022 abgeschnitten?

Nach dem erneuten schlechten Abschneiden Deutschlands beim Eurovision Song Contest 2022 in Turin sind viele Zuschauer/innen verunsichert. Sie fanden den letzten Platz für Malik Harris' „Rockstars“ unverdient und mehrere andere Lieder „definitiv viel schlechter“.

Warum hat Malik Harris so schlecht abgeschnitten?

Der Grund für das schlechte Abschneiden hat mit der Art und Weise zu tun, wie der deutsche Beitrag im Vorfeld ermittelt wird. Gerade in diesem Jahr kam es zu einem gravierenden Denkfehler: Der Song, so hieß es, müsse "radiotauglich" sein.

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